Reisebericht Mount Ararat in Ostanatolien
von Christina Grupe im Juli 2023
„Mount Ararat“ hier soll die Arche Noah gestrandet sein, ist ein ruhender Vulkan im Armenischen Hochland in Ostanatolien nahe der Grenze zu Armenien, dem Iran und der aserbaidschanischen Exklave Nachitschewan. Er ist mit 5137 m der höchste Berg der Türkei. Der letzte Ausbruch war 1840.
Ich mache mich mit meiner Freundin auf die Reise, um diesen schönen Berg zu besteigen. Die beste Zeit dafür ist vom Juli-September.
7 Tage Reise auf den Mount Ararat und Besteigung des Gipfels auf 5137m mit guter Akklimatisierung. Wir können diese Reise auch als 6 Tage Reise anbieten.
04.07.2023
Unsere Reise startet pünktlich ab Hamburg mit einem kurzen Umstieg in Istanbul nach Van. Der Service bei Turkish Airline ist wie immer sehr gut, selbst bei dem kurzen Anschlussflug gibt es ein warmes knuspriges Sandwich und 1 Getränk.
Van liegt am Van See und ist der größte Sodasee der Erde. An seinen Ufern wächst Getreide und es gibt viele Obstplantagen. Er ist umgeben von kargen Berghängen und vom Mount Süphan 4058 m mit seinem schneebedeckten Gipfel.
Für uns Beide ist es die erste Besteigung auf über 5000m Höhe und dementsprechend sind wir aufgeregt. Van ist ein kleiner Flughafen und wir bekommen sehr schnell unser Gepäck.
Unser Abenteuer kann beginnen. Firat begrüßt uns herzlich am Flughafen und wir fahren nach Dogubayazit, eine kleine Stadt mit 80000 Einwohnern am Fuße des Ararat. Die Fahrt dauert ca. 2,5 Std. und wir machen unterwegs eine kleine Pause an einem Wasserfall und Essen eine Kleinigkeit.
Dann kann die Fahrt weitergehen, vorbei an kargen Berghängen und vielen militärischen Kontrollpunkten. Am Horizont fällt mir eine große, riesige Mauer auf, ähnlich wie die chinesische Mauer. Sie ist neu erbaut und soll Flüchtlinge abhalten (für mich kein schöner Anblick). In kurzen Abständen stehen Wachttürme. Unser Ziel Dogubayazit erreichen wir gegen 19:00 und wir übernachten im neu gebauten Hotel Atlihan 4 ****.
05.07.2023
Wir erwachen bei strahlend blauem Himmel und frühstücken (sehr gutes Frühstück) in der 6 Etage mit Blick auf den schneebedeckten Gipfel des Ararats, der majestätisch am Horizont steht. Er zieht unsere Blicke magisch an und dort wollen wir wirklich rauf? Schaffen wir es? Respekt und Ehrfurcht befällt uns. Nach einem sehr guten Frühstück checken wir aus und fahren eine kurze Strecke zum Startpunkt. Der Gipfel ragt hoch über uns auf. Unser Gepäck wird von Pferden zum Camp 1 auf 3200m transportiert. Wir beginnen unseren Aufstieg mit unseren Tagesrucksäcken. Die Strecke führt stetig über einen staubigen Weg bergauf, über Serpentinen zum Camp 1. Unterwegs zwischen großen Felsblöcken wächst wilder Thymian und schöne Wildblumen. Es ist sehr warm aber der stetige Wind kühlt uns etwas ab. Die Atmung ist schon etwas schwerer und endlich nach 4 Std. kommen wir im Camp 1 an. Ansor, unser 27- jähriger Guide, hat uns sicher zum Camp 1 gebracht. Wir werden dort herzlich von Ayhan begrüßt, unser Koch für die nächsten Tage. Wir bekommen Kaffee und Kekse und ich kann mein Türkisch wieder auffrischen, denn Ayhan spricht nur türkisch. Wir dürfen uns ein Zelt aussuchen und bauen unser Schlaflager auf. Die Aussicht ist wunderschön. Wir blicken über die weite Ebene, am Horizont führt die Seidenstraße von Dogubayazit bis zum Iran und über uns der heilige Gipfel des Mount Ararat. Die abendliche Sonne taucht die schöne Landschaft in ein warmes Licht. Ayhan bereitet in seinem Küchenzelt mit einfachen Mitteln ein schmackhaftes Abendessen zu. Es gibt eine Suppe und ein Hauptgericht mit Salat, Kaffee,Tee und Wasser so viel man möchte. Nach dem Essen sind wir zufrieden und kuscheln uns in unsere Schlafsäcke ein. Es wird noch gequatscht und wir fühlen uns, als wenn wir auf einer Klassenreise sind. Die Nacht ist ungewohnt, viele Geräusche vom Wind und wir schlafen nicht so gut.
06.07.2023
Am nächsten Morgen sind wir trotzdem fit für unsere Akklimatisierungswanderung zum Camp 2 auf 4200m Höhe. Wir starten gegen 10:00 mit Lunchpaketen und Ansor gibt uns ein langsames und gleichmäßiges Tempo vor. Es geht stetig bergan auf schmalen Pfaden, neben uns schmilzt der Schnee und reißendes Wasser fließt bergab. Eine Kolonne von 10 Packpferden überholt uns, für mich ein Wunder, wie es diese tollen Tiere schaffen, mit schwerem Gepäck die steilen und felsigen Hänge hinauf zu laufen. Sie werden immer wieder von ihren Treibern mit lauten Rufen angetrieben. Ansor hat inzwischen kurdische Musik an und wir erreichen erschöpft Camp 2 nach ca. 3 Std. Nach einer kurzen Pause müssen wir wieder den ganzen Weg zurück. Für mich wesentlich schwerer bergab, da der Weg staubig, steinig und rutschig ist. Ich konzentriere mich sehr, um nicht hinzufallen. Mein Freundin Kristina fällt ein paar Mal hin und ist am Fluchen. Nach ca. 2 Std. sind wir wieder im Camp 1 völlig kaputt. Wir bekommen einen kleinen schnack und ruhen uns aus. Am Abend genießen wir das Essen und die Landschaft.
07.07.2023
Nach einer erneuten unruhigen Nacht packen wir unsere Sachen zusammen, denn heute geht es erneut zum Camp 2, wo wir heute übernachten werden. Ayhan packt das Essen und Töpfe ein, Zelte werden abgebaut und Schlafmatten werden mitgenommen. Alles wird von den Packpferden zum Camp 2 befördert. Wir beginnen erneut unseren Aufstieg zum Camp 2, langsam und rhythmisch. Leider gibt es auch eine Kehrseite von zu viel Tourismus am Berg, überall liegen Plastikflaschen und Müll herum. Es kommen wohl große Gruppen aus dem Iran, die Ihren Müll einfach liegen lassen. Am Ende der Saison im September wird der Berg von den Einheimischen Bergführern aufgeräumt und die Natur kann sich wieder erholen. Wir kommen nach 3. Std. im Camp 2 an und wir bauen unsere Zelte auf. Ayhan bereitet unser Abendessen vor. Wir schauen uns im Camp 2 um und mir fallen 2 Kothaufen auf, da sie ungewöhnlich aussehen. Ich frage Ayhan von welchem Tier die kommen und er breitet die Arme aus und brummt tief. Ich denke erst an eine Kuh bis mir klar wird, das er einen Bär meint. Mir war nicht bewusst, dass es hier Bären gibt und anscheinend finden sie unser Camp schön, da auch hier Müllreste liegen. Wir sitzen im Küchenzelt und auf einmal brummt es, Ayhan und ich springen auf und Kristina muss lachen (Sie hat gebrummt). Am Nachmittag verbringt jeder seine Zeit wie er möchte. Ich spiele ein paar Partien Mühle mit Ayhan und danach schnappe ich mir einen Müllbeutel und sammle Müll ein.
Kristina ruht sich aus. Heute wird es nur eine kurze Nacht und wir liegen schon um 19:00 im Zelt. Auch diese kurze Nacht ist unruhig, ich träume von Bären.
08.07.2023
Um 01:00 nachts klingelt unser Wecker und wir ziehen uns warm an. Ein kurzes Frühstück, für mich ganz wichtig Kaffee und dann geht es los zu unserem großen Ereignis zum Gipfel auf 5137 m. Wir sehen schon am Hang über uns, dass 2 Gruppen bereits gestartet sind. Wir machen unsere Stirnlampen an, packen Proviant und genug Wasser ein und los geht es. Wir reden nicht und laufen langsam hinter Ansor hinterher. Weit unten sehen wir die beleuchtete Stadt Dogubayazit. Es wird zunehmend kälter und ich bekomme kalte Füße und Hände und habe leichte Kopfschmerzen. Auch Kristina fällt der Aufstieg schwer. Wir kommen langsam den anderen Gruppen näher und überholen die ersten. Eine Person muss wieder absteigen, da er Höhenkrank ist. Alle anderen schaffen es. Nach 4 Std. immer steil bergauf, fängt es an zu dämmern. Kristina kann inzwischen nicht mehr und wir machen eine kleine Pause. Meine Hände sind so kalt, dass ich fast nichts halten kann und auch das Kauen fällt mir schwer. Ich esse nur einen kleinen Energy Riegel, der inzwischen eingefroren ist. Ansor pustet in meine Hände, um sie zu wärmen. Dann noch schnell Traubenzucker (wirkt wirklich Wunder und gibt uns immer wieder Kraft durchzuhalten) und weiter geht es in dieser unwirklichen Situation. Wir sehen den Gipfel in den ersten Sonnenstrahlen und für kurze Zeit haben wir blauen Himmel. Kristina fällt der Aufstieg immer schwerer und ich versuche Ihr Mut zu machen und sage Ihr, dass es nicht mehr weit ist. Ich denke an nichts und für mich ist es klar, ich schaffe es. Jetzt müssen wir unsere Steigeisen anlegen und „Papa“ Ansor bindet unsere Steigeisen fest, ich fühle mich wie ein Kind. Plötzlich ändert sich das Wetter und wir können den Gipfel nicht mehr sehen. Starker eisiger Wind kommt auf und fegt so stark über uns weg, dass wir uns kaum auf den Beinen halten können. Meine Haare gefrieren. Wir denken an nichts mehr und laufen nur noch hinter Ansor hinterher. Inzwischen sind auch die anderen beiden Gruppen bei uns und wir werden mit einem Seil aneinandergebunden. So erreichen wir dann tatsächlich den Gipfel. Wir stehen nun auf 5137 m und müssen aufpassen nicht umgeweht zu werden. Leider haben wir keine Aussicht und selbst das Gipfelfoto ist nicht möglich. Kristina und ich umarmen uns und sind überglücklich. Wir können nur einen kurzen Moment inne halten dann geht es an den Abstieg. Durch den Sturm ist es sehr schwer für alle. Schritt für Schritt geht es bergab. Plötzlich versagen Kristina die Beine und Sie kippt zur Seite in den Schnee. Ich laufe schnell zu Ihr und versuche Ihr Wasser zu geben aber unser Wasser ist eingefroren. Ein Russe, aus unserer zusammengewürfelten Gruppe, eilt herbei und gibt Ihr heißen Tee. Das hilft und Sie kann mit Unterstützung von Ansor und dem Russen weiterlaufen. Ich stehe im Sturm und kann mich kaum bewegen, um nicht umzufallen. Plötzlich werde ich von jeder Seite von 2 starken Armen untergehackt, die 2 Russen die auch Kristina geholfen haben, packen mich und helfen mir weiter. Am Berg merke ich, dass Teamgeist das Wichtigste ist. So schaffen wir alle langsam den Abstieg. Immer wieder sacke ich tief in den Schnee ein und das letzte Stück rutschen wir einen Hang auf den Po runter. Um 11:00 kommen wir völlig kaputt, geschafft und kraftlos, auf einem Auge fast blind, im Camp 2 an. Ich bin zu keiner Gefühlsregung mehr fähig und muss mich erstmal ausruhen. Kristina geht es genauso.
Nach 2 Std. bauen wir das Camp ab und nochmal 1000 Höhenmeter nach unten. Komischerweise haben wir wieder Kraft und der Abstieg funktioniert gut. Diese Nacht schlafen wir das erste Mal tief und fest bis zum nächsten Morgen.
09.07.2023
Wir wachen auf und sind überglücklich. Das Erlebte wird in der Erinnerung vergoldet und wir fühlen uns stark und selbstbewusst. Ein letztes Frühstück und wir verabschieden uns von unserem tollem und umsichtigen Guide Ansor. Ayhan begleitet uns auf der letzten Etappe nach unten. Unterwegs ein kurzer Besuch bei einer Nomadenfamilie. Wir werden herzlich begrüßt und in Ihr Zelt zum Tee eingeladen. Wir sprechen etwas türkisch und verstehen uns gleich gut mit den Frauen. Wir kaufen selbstgehäkelte Hausschuhe und verabschieden uns herzlich. Nach 2. Std. sind wir unten und werden schon mit einer frischen Melone erwartet. Die schmeckt so gut! Wir fahren nach Dogubayazit und besichtigen den Ishak Pasha Palast. Er ist ab 1685 erbaut wurden und man bekommt einen Eindruck von der Kultur des damaligen Reiches. Der Palast ähnelt dem Topkapi Palast in Istanbul. Weitere Steinreste zeugen von einer Siedlung weit vor Christus, ca 800 Jahre v. Christi. Nach der Besichtigung essen wir zu Mittag und dann geht die Fahrt zurück nach Van. Wir freuen uns nach 5 Tagen auf eine heiße Dusche. Leider fällt bei und das Wasser aus und wir müssen noch einen Tag länger warten aber nach dem Erlebten der letzten Tage nehmen wir es notgedrungen hin und versuchen unser bestes gut auszusehen. Wir genießen unseren letzten Abend in Van, eine quirlige Stadt.
Eine einmalige Reise geht zu Ende und wir nehmen ganz viel Energie mit nach Hause.
Wir bieten verschiedene Kombireisen mit Mt. Ararat und Mt. Damavand 5671 m im Iran an oder Mt. Ararat, Mt. Süphan und Mt. Nemrut als 11 Tage Reise an. Als Geheimtipp bieten wir auch das Pontische Gebirge an, welches an die Alpen erinnert.